Barbara Mesquita und ein ganz besonderer Kapverden-Törn auf der CHRONOS
Segeln, Musik, Literatur – und der Ziegenkäse
Im November 2023 hatte ich das große Glück, auf der CHRONOS zehn Tage lang zwischen den Inseln des kapverdischen Barlavento mitsegeln zu dürfen und São Vicente, São Nicolau, Sal, Boa Vista und Santo Antão, die ich bis auf São Nicolau bereits von meiner ersten Reise nach Kap Verde im Jahr 2003 kannte, vom Meer aus zu entdecken.
von den inseln verzaubert
Die Reise war in jeder Hinsicht traumhaft. Das wunderschöne Schiff, die erfahrene, entspannte Crew, in deren Obhut man sich vom ersten Moment an geborgen fühlen musste, die liebevolle und aufmerksame Betreuung durch die für das leibliche Wohl der Passagiere zuständige Mannschaft, der kundige Reiseleiter, mein Freund Rolf Heinemann, und die sympathischen Gäste – all das bot zusammen mit dem sanften Dahingleiten auf dem Atlantik den perfekten Rahmen, um sich von den kargen Naturschönheiten, den bizarren Felsformationen, den endlosen Stränden und dem tropischen Klima der Inseln verzaubern zu lassen.
Aus meinem bis ins Jahr 1998 zurückreichenden Interesse für Kap Verde, als ich in Lissabon, wo eine der größten kapverdischen Auslandsgemeinde beheimatet ist, erstmals mit Musikern und Schriftstellern des Archipels in Kontakt kam, entstand die im Jahr 2022 im Bonner Arachne Verlag erschienene, von mir herausgegebene und übersetzte zweisprachige Anthologie kapverdischer Literatur Die Inseln der Musik in der Mitte der Welt. Denn nicht weniger faszinierend als die Inseln selbst sind ihre reiche, ganz eigenständige kreolische Kultur und die vielen Geschichten, die ihre Menschen zu erzählen haben. Musik und Literatur blicken in Kap Verde auf eine lange Tradition zurück und sind durch die Vertonung der Lyrik namhafter Autoren, ebenso wie durch die Präsenz der Musik in Prosatexten eng miteinander verbunden. Nur wenige Orte auf der Welt dürften mit einer ähnlich hohen Dichte an so begnadeten Musikern gesegnet sein! Und da erst, wer in die Kultur eines Landes eintaucht, es richtig kennenlernt, sind Literatur und Musik, neben dem direkten Austausch mit den Menschen, die dafür am besten geeignete Brücke.
ein neues projekt entsteht...
Die beiden Lesungen mit Texten aus dem Buch und mit Musikeinlagen, die ich während der Reise an Bord der CHRONOS veranstalten durfte, waren dafür eine eindrucksvolle Bestätigung. Denn aus dem Interesse, das damit bei den Gästen für die kapverdische Literatur und Musik geweckt oder vertieft wurde, ist zu meiner großen Freude ein neues Projekt entstanden: Unser Landausflug auf Boa Vista hatte dazu führte, dass Aldair Neves „Daya“, ein befreundeter Musiker, an Bord ein Überraschungskonzert gab. Daraufhin schlug ein mitreisender Medienproduzent vor, mit dessen Band, der jungen kapverdischen Musikgruppe Nôs Raíz, die traditionelle kapverdische Musik neu arrangiert und virtuos präsentiert, eine auf die Anthologie zugeschnittene CD aufzunehmen, um sie zusammen mit dem Buch im Doppelpack all jenen anzubieten, die mehr über das Kap Verde erfahren möchten, als die Reiseführer vermitteln können. Wenn es gelingt, die nötigen Finanzmittel für die Reise der Musiker zu den Studioaufnahmen in Europa aufzutreiben, wäre das ein wunderbarer Erfolg für den Kulturaustausch und eine Geschichte mehr für das an Geschichten so reiche Kap Verde.
Und wie war das mit dem Ziegenkäse…
Und zuletzt wäre da noch die Episode mit dem Käse: Die vielköpfige Familie des berühmtesten Schriftstellers von Kap Verde, des in Mindelo auf São Vicente lebenden Germano Almeida, stammt von der Insel Boa Vista mit ihren ausgedehnten Dünen aus Saharasand und ihren zahllosen Ziegen. Eine der Schwestern des Autors, die noch dort wohnt, erklärte mir während des Landausflugs bei unserem Wiedersehen nach all den Jahren freudestrahlend: „Ihr segelt doch zurück nach São Vicente. Kannst du Germano nicht diesen Käse mitnehmen?“ Und drückte mir, ehe ich widersprechen konnte, eine Kühltasche mit zwei Kilo Ziegenkäse in die Hand, die dann bis zum Ausbooten im Kühlschrank der CHRONOS darauf wartete, dem berühmten Schriftsteller übergeben zu werden.“
